Homeschooling in der Grundschule Neustadt (Wied) zur „Corona-Zeit“

Veröffentlicht am 15.08.2021 in Aktuell

(ein Beitrag von Johannes Bungarten – Ortsverein Neustadt)

Wie ist das Homeschooling abgelaufen? Wir haben bei Eltern und Schülern nachgefragt und dann hier ein Interview mit einer Schülerin eingestellt: Ohne zu viel zu verraten: Die häufig schlechtgeredeten Lehrer*innen schneiden sehr gut ab.

Interview mit Sarah

4.7.2021, Grundschülerin Sarah (Name geändert), 4. Klasse, Grundschule Neustadt (Wied)

Wann begann dein Homeschooling?

Am Freitag, dem 13. März 2020 sagte unser Lehrer, wir sollten alle Lernsachen aus der Schule mit nach Hause nehmen. Am Montag danach fing dann unser Distanzunterricht zuhause an. Zunächst war ich etwas irritiert, aber dann habe ich verstanden, warum das so war, weil wir auch in den Videokonferenzen darüber gesprochen haben.

Wie lief dein Distanzunterricht zuhause genau ab?

Unser Lehrer hat mir an die eMail-Adresse meines Vaters einen Wochenplan mit Aufgaben für jeden Tag geschickt. Wir haben diese Arbeitsblätter ausgedruckt und ich habe diese dann durchgearbeitet. Oder die Aufgaben aus den Lehrbüchern auf die im Wochenplan verwiesen wurde. Meistens habe ich mit Mathe angefangen, weil ich das Fach nicht so mag. Mein Vater hat mir geholfen, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Wenn er etwas nicht erklären konnte, bin ich zu meinem Opa, denn der weiß alles. Vor allem in Mathe. Wenn ich die Aufgaben fertig hatte, habe ich sie fotografiert und dem Lehrer geschickt. Das sollten wir bis 17:00 gemacht haben.

Wer hat dir in der Zeit des Homeschoolings bei den Aufgaben geholfen?

Mein Vater war in den ersten zwei Monaten die ganze Zeit bei mir, weil er Homeoffice machen musste und hat mir bei den Aufgaben geholfen. Meine Mutter musste während der Coronazeit jede 2. Woche arbeiten, aber hat mir auch geholfen. Als auch mein Vater wieder arbeiten musste, habe ich mit der Oma zusammen gelernt. Sie konnte mir auch gut helfen, manchmal sogar besser als Papa, weil Oma die Rechenregeln nach dem gleichen Muster gelernt hatte wie ich jetzt.

Wie war der Kontakt zum Lehrer und den Mitschülern?

Die Klasse wurde vom Lehrer in 5 Kleingruppen aufgeteilt. Diese hatten jeweils eine feste Stunde, zu denen sie sich mit ihm zu Videokonferenzen getroffen haben. Zunächst haben wir diese mit Skype abgehalten, später dann mit „bigbluebutton“. Ich war in der Gruppe um 9:00. Mein Vater hat meistens neben mir gesessen und mitgehört. Wir Schüler haben uns zuerst begrüßt und der Lehrer hat uns dann gefragt, wie wir mit den Aufgaben zurechtgekommen sind. Wenn ich eine Frage hatte, sollte ich wie in der Schule mit dem Finger aufzeigen.

Hatte der Lehrer auch Kontakte zu den Eltern?

Viele Eltern waren bei den Videokonferenzen dabei. Der Lehrer hat diese manchmal extra angesprochen und ihnen gezeigt, wie sie uns etwas erklären sollten. Er hat auch einen Elternbrief geschrieben.

Welche technische Ausstattung hast du benötigt?

Ich habe ein eigenes Tablet und wir haben die Arbeitsblätter auf unserem Drucker ausgedruckt. Die Videokonferenzen habe ich auf unserem Notebook gemacht und die fertigen Aufgaben mit dem Handy fotografiert.

Hattest du schon mal Schwierigkeiten mit der Technik?

Eigentlich nicht. Ich bin einmal rausgeflogen und konnte die anderen nicht hören, sondern nur sehen. Mit Skype gab es am Anfang einige Schwierigkeiten und bigbluebutton war manchmal etwas langsam. Einmal habe ich bei der Anmeldung solange gebraucht, dass meine Videostunde schon vorbei war. Der Lehrer hat mal aus Versehen alle unsere Hausaufgaben, die wir ihm geschickt hatten, gelöscht.

Hast du viel Lernstoff verpasst?

Ja, bestimmt, denn wir hatten nur die drei Fächer: Deutsch, Mathe und Sachkunde. Keine Musik, Lesen, Sport, Religion, Englisch oder Kunst. Am Anfang gab es auch kaum neuen Lernstoff, sondern nur Wiederholungen. Aber später hat sich das geändert und wir haben auch neue Sachen gelernt. Wenn ich etwas nicht verstanden habe wie z.B. bei der schriftlichen Division, sollte ich die Aufgabe im Aufgabenblatt nicht ausfüllen, sondern nur „nicht verstanden“ da reinschreiben. Dann wusste der Lehrer, dass ich nicht etwa zu faul war, sondern wirklich Hilfe bei einer Aufgabe brauchte.

Hatten andere Kinder Probleme mit dem Lernen zuhause?

Manche hatten Schwierigkeiten und konnten sich schon mal nicht richtig anmelden. Die Videokonferenzen mit dem Lehrer waren auch schnell zu Ende, dann kam schon die nächste Gruppe dran. Es gab Kinder, deren Eltern nicht viel Zeit hatten, sie zu unterstützen.

Wie haben deine Eltern diese Zeit erlebt?

Mein Vater sagt, dass er die Zeit mit mir zuhause richtig genossen hat. Wie ein Erziehungsurlaub. Ihm hat das Lernen richtig viel Spaß gemacht und er hat auch selber einiges wieder gelernt. Er sagt, dass er mich noch nie so intensiv erlebt habe. Und außerdem meint er, dass das Lernen mit mir kein Problem sei, weil ich mich so gut selbst beschäftigen kann, wenn er mal gerade keine Zeit hat.

Wie ging es nach der ersten Distanzunterricht-Phase weiter?

Nach den Sommerferien ging es im Wechselunterricht weiter: ich war jeden 2. Tag in der Schule. Der Lehrer gab uns Aufgaben für den nächsten Tag mit, die wir zuhause selbständig machen mussten. Videokonferenzen fanden nicht mehr statt, weil wir am übernächsten Tag ja schon wieder in der Schule waren.

Ist jetzt wieder ganz normale Schule?

Ja, seit Juni. Ich bin froh darüber wieder jeden Tag in der Schule zu sein, denn der Lehrer kann einem die Sachen doch am besten erklären. Aber er hat jetzt ganz viel Gas gegeben, weil wir noch so vieles nachholen müssen und wir haben viele Klassenarbeiten geschrieben. Das ist schon etwas stressig.

Was war schön in dieser Coronazeit?

Manchmal war ich schnell mit den Aufgaben fertig und hatte mehr Zeit zum Spielen. Am schönsten war aber, dass ich meine beste Freundin kennengelernt habe, als wir Wechselunterricht hatten. Sie ist neu in die Klasse gekommen. Jetzt ist sie meine Sitznachbarin und wir verstehen uns prima.

Was war nicht so schön?

Dass ich meinen Lehrer und die Mitschüler so lange nicht gesehen habe.

Nutzt du die erlernten Techniken jetzt auch noch?

Ich schaue hin und wieder in die Anton-App. Wenn ich mal etwas nicht richtig verstanden habe, tippe ich dort ein Stichwort ein, z.B. „Geometrie“ und man bekommt alles Mögliche dazu erklärt. Ich habe bei einer anderen Schülerin gesehen, dass man mit dem Tablet auch wie in einem Schulheft arbeiten kann und das Ergebnis dann an der Tafel anzeigen kann. Das wünsche ich mir auch für unsere Schule. Der Lehrer zeigt auch öfters Themen mit dem Beamer an der Tafel. Das Ausradieren auf dem Tablet macht auch nicht so viele Krümel wie mit Bleistift und Radiergummi auf Papier.

Was denkst du, wie es weitergeht?

Vielleicht können wir das alles nochmal brauchen, falls die Pandemie nach der EM und den

Sommerferien wieder zurückkommt, weil sich da keiner mehr an die Regeln hält.

Vielen Dank Sarah

Auch mehrere Eltern haben das außerordentliche Engagement der Lehrer*innen bestätigt. Jetzt sind aber alle froh, dass wieder Präsenzunterricht ist. Aber es bleibt eine Unsicherheit zurück, ob so etwas nicht nochmal passiert.

Diskutiert mit [Eltern dürfen sich auch an der Diskussion beteiligen]

• Glaubt ihr, dass sowas wie „Corona“ nochmal vorkommen wird?

• Ist der Unterricht bei euch genauso abgelaufen? Oder ganz anders?

• Wie sollte die „digitale Zukunft“ in der Schule aussehen?

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